Immuncheckpoint-Inhibitoren (ICIs) sind mit einer Nebenwirkungsklasse assoziiert, die in Verbindung mit
T-Zell-stimulierenden Mechanismen als immunvermittelte Nebenwirkungen (irAEs; immune-related adverse events)
erachtet werden. Während die Erfahrungen mit der Weiterbehandlung mit ICIs nach klinisch bedeutsamen irAEs
stetig anwachsen, sind deren Sicherheit und Effektivität weniger bekannt.
Diese Lücke zu schließen, diente
eine Studie an Patienten mit mRCC, bei denen eine irAE zur Behandlungsunterbrechung oder zum Therapieabbruch
geführt hatte.
Die retrospektive Multicenterstudie wurde mit ICI-behandelten mRCC-Patienten durchgeführt, deren Therapie
aufgrund einer ersten irAE >1 Woche unterbrochen war. Sie wurden in eine Kohorte mit Wiederbehandlung (WB)
und in eine Therapieabbruch (TA)-Kohorte gruppiert.
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Abb.: Kaplan-Meier-Kurven für Gesamtüberleben in der Therapieabbruch (TA)-Kohorte
und der Wiederbehandlung (WB)-Kohorte
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Studienpopulation
Die meisten Tumore der 499 involvierten Patienten waren von klarzelliger Histologie (n=68).
In 80 Fällen war aufgrund einer klinisch signifikanten Erst-irAE die Medikamentenabsetzung erforderlich
gewesen (TA-Kohorte 44, WB-Kohorte 36 Patienten). Die klinisch-demographischen Daten beider Kohorten
waren weitgehend ausgeglichen.
Art und Schwere der Erst-irAEs
Erst-irAEs waren in beiden Kohorten bezüglich der Grade und Klassen ähnlich verteilt. In der TA-
und der WB-Kohorte waren irAEs der Grade 3/4 bei 26 (59%) bzw. 17 (47%) der Patienten aufgetreten.
Am häufigsten hatten Transaminasenanstieg (TA: n=11, 25% vs. WB: n=5, 14%), Colitis ulcerosa
(n=10, 23% vs. n=6, 17%) und Pneumonitis (n=5, 11,4% vs. n=3, 8,3%) die Medikamentenabsetzung
erforderlich gemacht. Seltene nur in der TA-Kohorte aufgetretene Einzelfälle waren Enzephalitis,
Myokarditis, periphere Neuropathie und Steven-Johnson-Syndrom.
Bei einer signifikant höheren Anzahl TA-Patienten als WB-Patienten (37 vs. 20) war eine Steroidbehandlung
erforderlich gewesen. In beiden Kohorten hatten >90% der Patienten systemische Kortikosteroide
benötigt – höhere Dosen davon in der TA-Kohorte. Toxizität-bezogene Todesfälle kamen in
beiden Kohorten nicht vor.
Sicherheit einer Wiederbehandlung mit ICIs nach Erst-irAEs
Bei den 36 WB-Patienten hatte die Interimszeit ohne Therapie 0,9 Monate (0,2–31,6 Monate) betragen.
Zur Zeit der ICI-Wiederbehandlung waren die irAEs bei 20 Patienten vollständig abgeklungen.
In elf Fällen hatten sich die irAEs auf Grad 1 und in fünf Fällen auf Grad 2 reduziert.
Bei der Hälfte der Patienten war nach median 2,8 Monaten erneut eine irAE (alle vom Grad 3)
aufgetreten – in 12 Fällen eine andere und in sechs Fällen nochmals die gleiche irAE.
Bei sechs Patienten (33,3%) war Hospitalisierung erforderlich und elf (61,1%) bedurften
systemischer Steroide. Von den 18 Patienten mit erneuter irAE hatten 13 Patienten die
Therapie erneut für zumindest eine Woche unterbrechen müssen. Zehn von ihnen hatten diese
Behandlung daraufhin dauerhaft beendet. Drei Patienten waren mit dem gleichen ICI-basierten
Regime behandelt worden.
Effektivität der ICI-Behandlung
Die Gesamtkohorte wurde seit dem Start der initialen ICI-Therapie median 23,2 (4,9–85,4) Monate nachverfolgt.
Als mediane Therapiedauer für die TA- und die WB-Kohorte ergaben sich 2,5 bzw. 10,6 Monate; bei
letzterer median 5,3 Monate nach der Wiederbehandlung.
Zum Zeitpunkt der Erst-irAE, betrug die objektive Ansprechrate in der TA-Kohorte 34% (n=15/44)
und 28% (n=10/36) in der WB-Kohorte. Bei der Wiederbehandlung ergaben sich sechs Partialremissionen
bei Patienten, die vor der Therapieunterbrechung nicht angesprochen hatten. Von 29 TA-Patienten,
bei denen vor dem Therapieabbruch kein Ansprechen registriert worden war, kam es bei vier noch im
therapiefreien Intervall vor Beginn einer weiteren Therapie zum partiellen Ansprechen.
Für die WB-Kohorte war das mediane Gesamtüberleben (OS) seit der ersten ICI-Behandlung noch
nicht erreicht. Die 2-Jahres-OS-Rate betrug 76% und 66% für die TA-Kohorte (Abb.)
❏ Ein absoluter klinischer Benefit bezüglich Gesamtüberleben konnte bei Wiederaufnahme einer
mit Immuncheckpoint-Behandlung nach initialen immunvermittelten Nebenwirkungen nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden.
❏ Andererseits können ausgewählte mRCC-Patienten nach dem Abklingen initialer immunvermittelter Nebenwirkungen
mit Immuncheckpoint-Inhibitoren sicher erneut behandelt werden.
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Abou Alaiwi S, Xie W, Nassar AH, et al. 2020.
Safety and efficacy of restarting immune checkpoint inhibitors after clinically significant immune-related
adverse events in metastatic renal cell carcinoma.
J Immunother Cancer 8. pii: e000144.
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