Bei Prostatakrebs-Patienten werden vermehrt gebildete konstitutiv aktive Splice-Varianten
des Androgenrezeptors (AR-Vs) mit der AR-gesteuerten Tumor-progression zum CRPC in
Zusammenhang gebracht. Infolge der Insertion kryptischer Exons in das AR-Gen treten
vorgezogen Stopcodons auf, so dass Splice-Mutationen mit verkürztem AR ohne
Ligandenbindungsdomäne – wie z. B. das am intensivsten untersuchte AR-V7 – gebildet
werden. Das Vorliegen von AR-V7 wurde mit einer ungünstigen Prognose in Verbindung
gebracht. Bei nachweisbaren Menge der Splice-Mutation in zirkulierenden Tumorzellen
ist das Ansprechen der CRPC-Patienten auf Abirateronacetat (AA) oder Enzalutamid (EZ)
deutlich eingeschränkt.
In der aktuellen Studie sollte ein immunhistochemischer Assay für den Nachweis von AR-V7 im
Tumorgewebe entwickelt und dessen klinische Bedeutung bei der Progression von hormonsensitivem
Prostatakrebs (HSPC) zum CRPC anhand der Expressionsstärke von AR-V7 bestimmt werden
(Welti J, et al. 2016):
Aus den Auswahlprozessen bei der Antikörpergenerierung ging der monoklonale Kaninchenantikörper
EP343 mit Spezifität für AR-V7 nicht aber für intakte AR als vielversprechender Marker hervor.
Mit ihm wurden immunhistochemische Färbungen angefertigt. Das Patientenkollektiv wurde unter den
Patienten mit CRPC identifiziert, die am Royal Marsden NHS Foundation Trust, Sutton, Großbritannien
behandelt worden waren, und von denen ausreichend archiviertes Formalin-fixiertes,
Paraffin-eingebettetes Gewebe wie auch CRPC-Biopsieproben von jeweils ein und demselben Mann
zur Verfügung standen.
Archivierte Gewebeproben bestanden aus Nadelbiopsien, transurethralen Prostataresektionen
und Prostatektomien. Die CRPC-Gewebe entstammten biopsierten Metastasen in den Knochen, den
Lymphknoten den Weichteilen oder den Viszera. von 37 Patienten mit CRPC-Biopsie hatten 35
eine Behandlung mit AA oder EZ erhalten. In 12 Fällen lagen Biopsien vor, die vor der
Behandlung mit AA gemacht worden waren. Zusammengehörige HSPC- und CRPC-Gewebeproben
desselben Patienten standen in 33 Fällen zur Verfügung.
Die nukleäre Expressionsrate von AR-V7 stieg bei der Progression vom HSPC zum
CRPC signifikant an (p<0,0001). Auf den einzelnen Patienten bezogen traf
die Zunahme der AR-V7-Expression in 26 Fällen zu, während bei sieben Patienten
in der HSPC-Biopsie eine höhere AR-V7-Expression ermittelt wurde.
Der Effekt einer Behandlung mit AA oder EZ auf die nukleäre AR-V7-Expression
wurde an 14 CRPC-Patienten mit Biopsien vor und 21 CRPC-Patienten mit Biopsien nach
der AA- oder EZ-Behandlung bestimmt (Abb. 1). Im Vergleich mit den
immunhistochemischen H-Scores (HS) der HSPC-Biopsien waren die HS in den Prä-AA-
oder Prä-EZ-Biopsien nur insignifikant höher. Zwischen den HSPC-HS wie auch zwischen
den HS vor der AA- oder EZ-Behandlung und den Post-AA- oder Post-EZ-Biopsien war
der Unterschied hochsignifikant (Abb. 1).
Von insgesamt 37 Patienten lagen CRPC-Biopsien vor. Mit ihnen wurde der Zusammenhang
zwischen der nukleären Expression von AR-V7 und der Gesamtüberlebenszeit (OS) ab der
CRPC-Biopsie bestimmt. Die Aufteilung des Patientenkollektivs nach Tertilen des HS
der AR-V7-Expression ergab mit ansteigender Tertile eine Abnahme des medianen OS
von 15,6 über 10,7 auf 7,1 Monate (Abb. 2).
Alle 33 Patienten, von denen HSPC-Biopsien vorlagen, entwickelten nach median 22,3 Monaten
Kastrationsresistenz – gleich ob ihre Behandlung systemisch (15 Patienten:
Gonadotropin-Releasing-Hormon [GnRH]-Agonist) oder radikal (18 Patienten:
Prostatektomie und/oder Bestrahlung) erfolgt war. Bei Patienten unter radikaler Therapie
war die Zeit bis zur Kastrationsresistenz signifikant länger als bei denen, die nur mit Androgendeprivation
behandelt worden waren (34,2 versus 15,3 Monate; p=0,014).
Die Expression nukleärer AR-V7 steigt bei Patienten mit sich entwickelnder Kastrationsresistenz an.
Sie ist im Gegensatz zu vermehrtem Nachweis der AR-N-terminalen Domäne ein prognostischer
Faktor für OS. Bei 21% der Patienten wurde ein Absinken der AR-V7-Expression mit dem Aufkommen
der Kastrationsresistenz ermittelt. Das deutet darauf hin, dass die AR-V7-Expression nicht als
alleiniger Faktor der Therapieresistenz beim CRPC zugrunde liegt.
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Welti J, DN Rodrigues, Sharp A, et al. 2016.
Analytical validation and clinical qualification of a new immunohistochemical assay for androgen
receptor splice variant-7 protein expression in metastatic castration-resistant prostate cancer.
Eur Urol http://dx.doi.org/10.1016/j.eururo.2016.03.049
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