Lokal fortgeschrittener Prostatakrebs

Strahlendosiseskalation oder verlängerte Androgensuppression schützen vor Fernmetastasen


  Es bestehen geteilte Meinungen darüber, welches Ausmaß an Androgensuppression (AS) für Männer mit lokal fortgeschrittenem Prostatakrebs (PCa) erforderlich ist, die mit einer erhöhten Strahlendosis (SD) behandelt werden. Mit noch unzureichenden Daten der aus der RADAR-Studie war zunächst berichtet worden, dass gesteigerte AS und SD-Eskalation (SDE) unabhängig voneinander lokale Progressionsereignisse verringerten [1]. Aktuell liegen ausreichend Daten aus mindestens 10 Jahren Follow-up vor, um fundiertere Aussagen machen zu können.

  Bei Männern mit lokal fortgeschrittenem PCa sollten die relativen Effekte der Dauer einer AS und der SDE auf die Entwicklung von Fernmetastasen geklärt werden [2].

  In der TROG 03.04 RADAR-Studie wurden Teilnehmer mit lokalisiert fortgeschrittenem PCa in die Behandlungsarme 6 oder 18 Monate AS ± 18 Monate ± 18 Monate Zoledronsäure (Z) randomisiert (6MAS bzw. 18MAS). In die Studie war ein SDE-Programm mit Stratifizierung bei der Randomisierung und den Dosierungsoptionen 66, 70 und 74 Gy externe Strahlentherapie (EBRT), oder 46 Gy EBRT plus Hochdosis-Brachytherapie-Boost (HDRB) intergriert.
 
Abb. 1: Adjustierte kumulative 10-Jahres-Inzidenzrate von Fernmetas-
tasen nach SDE-Gruppe. Behandlungseffekt für Hochdosis-Brachy-
therapie (HDBR) vs. 70 Gy. sHR = Subhazard Ratio.
 
Abb. 2: Dosis-Ansprechen-Vergleich für Fernmetastasen 10 Jahre nach
der Randomisierung zwischen den mit 6 und 18 Monaten Androgen-
suppression behandelten Strahlendosiseskalationsgruppen. HDRB = Hochdosis-Brachytherapie).
 
Der primäre Endpunkt der Studie waren Fernmetastasen. Sekundäre Endpunkte umfassten lokale Metastasen, Knochenmetastasen, PCa-spezifische Mortalität und Gesamtmortalität.

 
Die Analysen basieren auf insgesamt 1.051 Patienten, die die Strahlentherapie erhalten hatten. Ein Großteil der Patienten mit Hochrisiko-Tumoren (69,1%) war mit 74 Gy bestrahlt worden. Die HDRB-Gruppe bestand zu 85,7% aus Hochrisiko-Patienten.

Fernmetastasen
Bei 291 von 1051 Patienten wurden Fernmetastasen diagnostiziert. Es bestand kein Nachweis einer Wechselwirkung zwischen der AS-Dauer und der SD. Nach Adjustierung für die SD hatten die 525 Männer mit 18MAS im Vergleich mit den 526 Männern mit 6AMS ein verringertes Risiko für Fernmetastasen (Subhazard Ratio [sHR] 0,70; p = 0,002). Mit der längeren AS-Dauer wurden bei 70 Gy und HDRB signifikant weniger Fernmetastasen registriert (sHR 0,67 bzw. sHR 0,61).

Nach 10 Jahren betrug die für Dauer der AS (6 Monate, 18 Monate); 18 Monate Zoledronsäure (Ja, Nein); T-Stadium (T2, T3 and T4); Gleason-Grade-Group (1-5); PSA (<10, 10-20, >20 ng/mL); Alter (Jahre) adjustierte kumulierte Inzidenzrate für Fernmetastasen 26,1% in der 66 Gy-, 26,7% in der 70 Gy-, 24,9% in der 74 Gy- und 19,7% in der HDRB-Gruppe (Abb 1.). Verglichen mit den 427 Männern der 70 Gy Referenzstufe, hatten die 237 Männer mit HDRB-Boost ein signifikant geringeres Risiko für Fernmetastasen. Die Dosis-Ansprechen-Beziehung für Fernmetastasen in den AS-Behandlungsgruppen ist in Abbildung 2 dargestellt.

Bei 227 Patienten wurden Knochenmetastasen diagnostiziert. Allein mit 18MAS und allein mit DRB wurde eine signifikante Verminderung des Risikos für Knochenmetastasen erreicht. Die adjustierten kumulativen Inzidenzraten von 66 Gy ➠ HDRB betrugen 22,4%, 22,0%, 20,4% bzw. 14,9%.

Überlebensergebnisse
Die Gesamtzahl der Todesfälle betrug 368 – davon 142 auf PCa zurückzuführende. Die PCa-spezifische Mortalität wurde unabhängig durch 18MAS und durch HDRB signifikant reduziert. Die adjustierten kumulativen Inzidenzraten für PCa-spezifische Mortalität von 66 Gy ➠ HDRB betrugen 14,5%, 13,0% 11,5% bzw. 8,9%.

Mit 18MAS reduzierte sich das Risiko für die Gesamtmortalität im Vergleich mit 6MAS nur nichtsignifikant. Im Vergleich zu 70 Gy war HDRB die einzige SD-Gruppe mit einer signifikanten Risikoreduktion. Die adjustierten kumulativen Inzidenzraten von 66 Gy ➠ HDRB betrugen 29,9%, 32,6%, 31,3% bzw. 23%.

Mit 74 Gy als Referenzstufe erreichte HDRB eine signifikante Verringerung bei lokalen Metastasen und Gesamtmortalität. Andererseits wurden damit bei Knochenmetastasen, Fernmetastasen und der PCa-spezifischen Mortalität keine statistisch signifikanten Reduktionen erreicht. Die mit HDRB assoziierte Gesamtmortalität ergab keinen Unterschied zwischen den AS-Gruppen und eine signifikante Reduktion bei HDRB im Vergleich zu 70 Gy (sHR 0,67) und zu 74 Gy (sHR 0,71).

Bei mit HDRB behandelten Männern resultierte 18MAS vergleichbare Verringerungen bei allen Endpunkten.


❏ Mit 18 Monaten Androgensuppression wurden Fernmetastasen verglichen mit 6 Monaten AS unabhängig von der ST-Dosis signifikant reduziert.

❏ Mit Hochdosis-Brachytherapie behandelte Männer erfuhren einen signifikanten Benefit von verlängerter AS-Dauer.

❏ Es bestätigte sich, dass auch eine extrem dosiseskalierte Strahlentherapie die Notwendigkeit der Androgensuppression nicht unnötig macht.

❏ Der Nachweis verbesserter onkologischer Ergebnisse für HDRB im Vergleich zu dosiseskalierter EBRT bedarf der Bestätigung in einer randomisierten Studie.


[1] Denham JW, Steigler A, Joseph D, et al. 2015. Radiation dose escalation or longer androgen suppression for locally advanced prostate cancer? Data from the TROG 03.04 RADAR trial. Radiother Oncol 115:301-307.
[2] Joseph D, Denham JW, Steigler A, et al. 2020. Radiation dose escalation or longer androgen suppression to prevent distant progression in men with locally advanced prostate cancer: 10-year data from the TROG 03.04 RADAR trial. Int J Radiat Oncol Biol Phys 106:693-702.

Juli  2020

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