Nichtinvasive Detektierung von neuroendokrinem Prostatakrebs durch die „tissue-informed“ Analyse der cfDNA-Methylierung


  Neuroendokriner Prostatakrebs (NEPC) ist ein gegenüber Androgenrezeptor-Signalweginhibitoren resistenter Phänotyp, der aus einem metastasierten kastrationsresistenten Adenokarzinom der Prostata (CR-PRAD) hervorgehen kann. Sein Nachweis ist klinisch zwar höchst bedeutsam, indes in der Praxis ist die Detektion von NEPC ein herausforderndes Unterfangen. Aktuell wird eine neue „tissue-informed“ epigenetische Methode zur nicht-invasiven Detektion eines NEPC vorgestellt.

  Zunächst führten die Untersucher an einem Testsatz NEPC- und PRAD-Tumore eine Immu­no­präzipitation methylierter DNA mit anschließender Hochdurchsatz-Sequen­zierung (MeDIP-seq) durch. Damit identifizierten sie bei NEPC und CR-PRAD differenziell methylierte Regionen (DMR) und schufen ein Prädiktionsmodell für das Vorliegen von NEPC (NEPC-Risiko-Score). Anschließend wurde die MeDIP-seq auf zellfreie DNA (cfDNA) von zwei unabhängigen Kohorten Männer mit NEPC oder CR-PRAD angewendet. Dabei wurde die Genauigkeit bestimmt, mit der das Modell das Vorliegen eines NEPC voraussagt.

 

Durchführung der „tissue-informed“ Analyse
Bei Männern mit einem therapieinduzierten neuroendokrinen Prostatakarzinom liegt daneben zumeist noch ein PRAD vor. Das erschwert es, die NEPC-spezifischen DMR direkt in der cfDNA zu identifizieren. Zur Bewältigung dieser Herausforderung wurde die neue „tissue-informed“ Strategie zur Analyse von cfMeDIP-seq-Daten entwickelt. Diese Methode ist patientenspezifisch und bedingt das Vorliegen einer zusammengehörenden Tumorprobe zur Bildung eines individuellen Gen-Panels zur Identifikation der ctDNA im Patienten. Auf dieser Grundlage identifizierten die Forscher anhand eines Training-Sets von NEPC und PRAD Tumoren methylierte Regionen, die sich zwischen NEPC und PRAD unterschieden und entwickelten daraus einen Klassifikator zur Vorhersage des Vorhandenseins von NEPC (NEPC-Risiko-Score).

cfDNA-Schulungskohorte
In 48 (86%) aus 57 cfDNA-Proben ließ sich Tumor-DNA von 9 (82%) NEPC-Patienten und von 39 (87%) CR-PRAD-Patienten gewinnen. Diese Männer bildeten die Schulungskohorte. Die NEPC-Risikowerte waren bei Männern mit NEPC signifikant höher als bei denen mit CRPC (p=4,3×10-7) und unterschieden zwischen NEPC und CRPC mit hoher Genauigkeit der AUROC [area under receiver operating characteristic] 0,96). Der optimale NEPC-Risiko-Score-Grenzwert zeigte 100% Sensitivität und 90% Spezifität für den Nachweis von NEPC.

Abb. A–D: Einstufung von NEPC- und PRAD-Proben in der cfDNA-Validierungskohorte. (A) NEPC-Methylierungswerte,
(B) PRAD-Methylierungswerte und (C) NEPC-Risiko-Scores in cfDNA-Proben von Männern in der Validierungskohorte mit NEPC oder PRAD. Der in der unabhängigen cfDNA-Schulungskohorte festgelegte optimale Cutoff des NEPC-Risiko-Scores
ist durch die gestrichelte graue Linie gekennzeichnet. (D) Kaplan-Meier-Kurve des Gesamtüberlebens seit dem Beginn der metastasierten Krankheit bei Männern mit hohem (>0,15) versus niedrigem (0,15) NEPC-Risiko-Score im Verhältnis zum
Cutoff aus der Schulungskohorte.
 
Validierung anhand einer unabhängigen cfDNA-Kohorte
Die unabhängige Validierungskohorte aus mehreren Instituten beinhaltete cfDNA von 53 Männern mit 12 NEPC und 41 CR-PRAD. Vergleichbar der Schulungskohorte, zeigten die NEPC-Proben in the cfDNA-Validierungskohorte signifikant höhere NEPC-Methylierungswertes und niedrigere PRAD-Metylierungswerte als die Proben von Männern mit CR-PRAD (Abb. A, B). Bei Männern mit NEPC war der NEPC-Risiko-Score signifikant höher als bei Männern mit CRPC (p=7,5×10-12) und unterschied perfekt zwischen NEPC und CR-PRAD (Abb. C).

In der cfDNA-Validierungskohorte stand ein hoher NEPC-Risiko-Score mit einem signifikant kürzeren OS ab der dem Vorliegen eines metastasierten Prostatakrebses im Zusammenhang als ein niedriger NEPC-Risiko-Score (Hazard Ratio [HR]=4,3, p=3,2x10-4) (Abb. D). Für letztere resultierte ein um 32 Monate längeres medianes (46 Monate vs. 14 Monate).



❏ Mit der tissue-informed Analyse von cfMeDIP-seq-Daten ließen sich Fälle von NEPC in zwei unabhängigen cfDNA-Kohorten von Männern mit mCRPC nichtinvasiv hoch akkurat detektieren.

❏ Bei Anwendung des NEPC Risiko-Scores auf cfDNA von zwei unabhängigen Patientenkohorten mit mCRPC, ließen sich Männer mit NEPC gezielt detektieren.

❏ In beiden Kohorten war ein hoher NEPC-Risiko-Score mit signifikant verschlechtertem Gesamtüberleben assoziiert.


Berchuck JE, Baca SC, McClure HM, et al. 2022. Detecting neuroendocrine prostate cancer through tissue-informed cell-free DNA methylation analysis. Clin Cancer Res 01;28:928–938.

Januar  2023

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