Metastasiertes Nierenzellkarzinom
Frühzeitiger Tumorschwund als prädiktiver Gradmesser der Überlebensaussichten?


  Frühzeitiges Erkennen, ob mit einer eingeschlagenen Behandlungsstrategie der gewünschte Erfolg zu erwarten ist, kann der Orientierung dienen, um das Therapieregime auf den Patienten abgestimmt fortzuführen, zu modifizieren oder zu wechseln. Diesbezüglich wurden dem frühzeitigen Tumorschwund (fTS) beim mRCC in verschiedenen kleineren Studien eine Rolle als prädiktiver und/oder prognostischer Faktor für Gesamtüberleben (OS) und progressionsfreies Überleben (PFS) beigemessen.

  In einer aktuellen Studie sollte das Ausmaß eines fTS nach systemischer Therapie bei Patienten mit mRCC hinsichtlich seiner Anwendbarkeit zur Prädiktion der Überlebensaussichten bewertet werden (Grünwald, et al. 2016):

  Daten von insgesamt 4334 Patienten mit mRCC, die zwischen 2003 und 2013 an verschiedenen klinischen Phase-II- und Phase-III-Studien teilgenommen hatten, wurden zusammengefasst analysiert. Als fTS wurde die prozentuale Veränderung der Summe der längsten Durchmesser bei den Zielläsionen beim ersten Scan nach Baseline herangezogen.

Anhand von Receiver Operating Characteristics (ROC)-Analysen wurden optimale Schwellenwerte für die Prädiktion von OS und PFS im Gesamtkollektiv wie auch für verschiedene zielgerichtete Therapietypen und Behandlungslinien ermittelt. Da sich weitgehend übereinstimmende Werte ergaben, bot sich ein einheitlicher fTS-Schwellenwert von 10% als vertretbarer Kompromiss an. Mit jeweils 1% für OS und PFS fielen die Werte für die Therapie mit Interferon-alpha (IFN-alpha) aus dem Rahmen. Das ist auf geringe Tumorschrumpfung mit IFN-alpha zurückzuführen.

  Im Gesamtkollektiv wur­de bei 1.992 Patienten (46%) fTS (d. h. 10% bei dem ersten Scan nach Baseline) festgestellt. Die demographischen Daten und die Baseline-Charakteristika waren in den Gruppen mit und ohne fTS ähnlich. Frühzeitiger Tumorschwund wurde häufiger bei Patienten mit der Erstlinientherapie (50%) als bei der Zweitlinientherapie (39%) ermittelt. Zudem war fTS häufiger bei Patienten, die entweder ein gegen den vaskulärer epithelialer Wachstumsfaktor (VEGF)-Signalweg gerichtetes Agens (49%) oder Temsirolimus (52%) verglichen mit IFN-alpha erhalten hatten (16%).

Aus den Daten für die Gesamtpopulation gehen 1.899 Ereignisse (Todesfall oder Krankheitsprogression) hervor. Die Gesamtüberlebenszeit war bei den Patienten mit fTS 10% im Vergleich zu denen mit 10% auf dem ersten Scan nach Baseline signifikant länger [Hazard Ratio (HR): 0,615 (95% CI, 0,558-0,677); p<0,0001; Abb. A]. Gleiches galt für das PFS (HR: 0,628 (95% CI 0,580-0,680; p<0,0001; median 10,5 bzw. 5,3 Monate). Zudem ergab sich ein prädiktiver Wert des fTS für OS und PFS, wenn Subgruppen von Patienten nach Behandlungstyp oder Therapieli­nie analysiert wurden.

Unter 1.992 Patienten mit fTS waren 975, die nach RECIST zu jeder Zeit während der Behandlung als Responder eingestuft wurden. Andererseits wurden 181 von 2.342 Patienten ohne fTS anhand RECIST als Responder bewertet. Zum Vergleich des prognostischen Werts von fTS und RECIST wurde eine parallele Analyse mit RECIST-definierten objektiven Ansprechraten durchgeführt. Sowohl OS (Abb. B) als auch PFS waren bei Patienten mit RECIST-definierter objektiver Ansprechrate signifikant länger.



   Mit dem potenziell optimalen Schwellenwert für frühzeitigen Tumorschwund von 10% ließen sich Patienten mit Aussicht auf überdurchschnittlich verlängertes progressionsfreies und Gesamtüberleben erkennen. Frühzeitiger Tumorschwund könnte helfen, Patienten mit metastasiertem Nierenzellkarzinom zu identifizieren, die von einer Behandlung mit innovativen antitumorösen Therapien profitieren können.

In einem Kommentar zu der Studie sehen Albiges und Escudier (Eur Urol 70:1016-1018) eine Verbindung mit dem sich aktuell ausweitenden Spektrum der Zweitlinientherapie beim mRCC mit Nivolumab, Cabozantinib sowie möglichen Kombinationen (Levantinib/Everolimus). Frühzeitiges Erkennen der Unzulänglichkeit eines eigeschlagenen Therapiewegs könnte dazu motivieren, das Behandlungsregime eher zu wechseln, so dass mehr Patienten überhaupt spätere Therapielinien erreichen.


Grünwald V, Lin X, Kalanovic D, Simantov R, 2016. Early Tu­mour shrinkage: a tool for the detection of early clinical activity in metastatic renal cell carcinoma. Eur Urol 70:1006-1015.

Januar  2017

Drucken Referent: jfs